Alexander Gellner in der Kopfquetsche
Alexander Gellner aka Gellnerism gibt in diesem Interview persönliche Einblicke in die Welt eines jungen und erfolgreichen Illustrators. Seine AnimationsFilme und zahlreichen Musikvideos kennt man aus dem Internet und laufen im Fernsehen, z.B. die von der Band »Ich und Ich« oder »SDP«. Auch seine zahlreichen Comics haben viele Fans …
Bitte stell dich kurz vor:
Hallo. Mein Name ist Alexander Gellner. Ich bin 26 Jahre alt, studierte Kommunikationsdesign an der FHTW Berlin und betätige mich als Illustrator und Animator.
Drei Schlagworte zu deiner Person:
- Wunderkleber
- Affentanz
- Beneluxstaatengangsterrap
Ein Ergebnis deines Schaffens und erzähl etwas dazu:
Das Bild »Captain Russia« habe ich für die Ausstellung der Rotopol-Gruppe in Kassel gemacht. Das Thema der Ausstellung war »Russen«. Das Bild ist relativ untypisch für die Sachen die ich sonst so gemacht habe, aber es zeigt ganz gut mein Interesse für Politik und Gesellschaft, meine Prägung durch Populärkultur, wie Superhelden-Comics und den Wunsch, eine gewisse Geschichte in meinen Arbeiten zu erzählen.
Ich wollte eine ganze Weile lang politische Karikaturen machen, bin ein großer Fan von Leuten wie Gerhard Haderer oder vielen Spiegel-Illustratoren, bin mir aber meiner Standpunkte nie sicher genug gewesen, um mich an so was ranzutrauen. Ganz ab und zu verarbeite ich mal Dinge, die mich nerven in Jäck und Jill Cartoons, das ist dann oft so entspannend wie Boxen oder Joggen gehen.
Aber das Problem, was ich dann habe, ist dass es sehr verbittert wirken kann. »Captain Russia« jedenfalls hat einen Standpunkt, ist aber trotzdem leicht genug, um nich zu bedrücken. Deswegen mag ich es. Nicht, weil es besonders toll gemalt wäre, abgesehen vom Gesicht ist das Bild eine Katastrophe.
Bist du selbständig, Freelancer/in oder angestellt? – Warum?
Ich bin mehr oder weniger in die Selbständigkeit gerutscht und hab mich dann recht wohl gefühlt. Neben dem Studium ergaben sich für mich anfangs wenige, dann immer mehr Möglichkeiten, freiberuflich zu arbeiten. So war die Entwicklung vom Studium zur Selbstständigkeit recht gleichmäßig und fast natürlich. Ich bin zufrieden, würde aber nicht sagen, dass eine Anstellung für mich nie in Frage käme. Ich habe einfach keine Erfahrung im angestellt sein. Wenn man nette und genug Aufträge bekommt, und einem das Geschäftsmenschdrumherum nicht zu sehr nervt, ist die Selbstständigkeit bestimmt zu empfehlen.
Was ist deine Aufgabe und damit verbundene Verantwortung in deinem Job/Team?
Ich zeichne, animiere und designe schöne und wirklich sinnvolle Dinge. In den letzten Jahren waren das zuvorderst Comics, Kurzfilme, Musikvideos, Illustrationen, Flash-Websiten. In diesem Jahr werde ich mich mehr dem Medium Animationsfilm widmen (im Rahmen meiner Diplomarbeit), sowie meinen ersten „richtig langen“ Comic fertig stellen (im Rahmen meiner Selbstausbeutung). Was Aufträge angeht, habe ich in letzter Zeit Kinderbuchillustrationen für Sarah Connor gemacht, ein trashiges Musikvideo für Lina Liko animiert, Erste Hilfe-Illustrationen für das Deutsche Rote Kreuz gezeichnet und eine lustige Flashwebsite für Jongleure designt. Die Arbeiten sind in Stil und Genre unterschiedlich und ich genieße die Abwechslung sehr.
Wenn dir die gesamte Designwelt fünf Minuten zuhören würde – was würdest du ihr erzählen?
„Im Zeitalter zunehmender Kinderadiposität sind Schwimmflügel über- und Stütztstrümpfe unterbewertet.“ Das würde ich so langsam sagen, dass es genau fünf Minuten dauert und dann gucken wer es verstanden hat.
Was ist deine persönliche Definition von Design?
Für uns Kommunikationsdesigner ist Design die bewusste Gestaltung von Kommunikationsprozessen. In der Illustration ist Design wohl ein etwas intimerer Prozess, da, abgesehen von Auftragsarbeiten oder anderen thematischen Vorgaben, der persönliche Geschmack, ästhetisches Bewusstsein und handwerkliche Fähigkeiten die einzigen Parameter darstellen, die das Design beeinflussen. Heutzutage finde ich interessant, dass selbst bei persönlichen Arbeiten von stark narrativ über formalistisch bis zu sehr abstrakt ziemlich alles vorhanden ist, was man sich vorstellen kann, sich gegenseitig inspiriert und weiterentwickelt.
Für mich ist Illustration eine abstraktere Form der Animation. Die Dimension der Zeit wird bei der Animation vom Designer gestaltet, bei der Illustration wird diese vom Betrachter ergänzt.
Design für Animation ist für mich also fast noch spannender weil Produktionsbedingungen und Budgetbegrenzungen beim Gestalten immer genauso mit einfließen, wie persönliche Präferenzen und Auftragslage. Kann ich einen originellen Charakter gestalten, den man auch gut animieren kann, den auch andere schnell lernen können, falls man im Team arbeitet? Wie wird die Welt so gestaltet, dass sie interessant und glaubwürdig ist. Ist der Stil reproduzierbar? Welche Technik wende ich an, ist sie in der vorgegebenen Zeit umsetzbar?
Letztlich dient bei mir Design immer einer Geschichte, die ich zu erzählen habe.
Welche Rolle spielt Design deiner Meinung nach in dieser Welt?
Die Frage ist so schön allgemein, dass ich nur teilweise darauf antworten kann. Generell ist die Rolle des Designs in der Welt unwichtig. Wichtige Fragen wie die Weltgesundheit, Umweltschutz und Umgang mit Ressourcen, globale Konfliktlösung, soziale Gerechtigkeit und wer das nächste Superstartopmodel im Dschungelcamp wird, werden vom Design nicht beantwortet. Allenfalls kann Design diese Prozesse begleiten und dafür sorgen, dass in einer hoffentlich zusammen wachsenden Welt die Leute sich besser verstehen und vertragen.
Ich persönlich arbeite daran, dass ich etwas zu sagen zu haben, was anderen Menschen etwas gibt und so einen gewissen kulturellen Wert hat. Dann wird Design mir helfen, diese Geschichten zu erzählen. Ansonsten ist es halt mein Hobby und mein Beruf. Aber für Menschen außerhalb unserer Gemeinde (= die Welt) ist Design eher von marginaler Bedeutung.
Wer oder was inspiriert und motiviert dich?
Bei mir ist es eine Mischung aus Mitteilungsbedürfnis und Angst vor dem Hungertod. Also habe ich einen kleinen Künstler und einen kleinen Geschäftsmann in mir, die sich manchmal streiten, manchmal Hand in Hand über blühende Landschaften tollen, manchmal beide XBox zocken wollen. Die faulen Säcke.
Teilst du dein Wissen gern mit anderen Menschen?
Klar. Ich habe eine Weile Zeichenunterricht in einer Volkshochschule gegeben und pausiere als Dozent bei Comicademy wegen Diplom und Arbeit. Generell macht es mir Spaß, zu unterrichten, man lernt ja auch eine Menge dabei. Bei Leuten die Faul sind, habe ich aber keine Geduld und verliere das Interesse.
Na? Wie geht’s? (Frage von – UARRR!)
Joa, muss, muss.
Was machst du um dich fortzubilden?
Projekte anfangen und für diese konkreten Projekte etwas neues Lernen. Ich bin nicht so der „einfach so was“- Lerner. Wenn ich mir aber sage, ich möchte gerne in eine gewisse Zeichentechnik lernen und mache dafür ein eigenes kleines Projekt, lerne ich besser und schneller und habe nicht das Gefühl, nur Technik zu üben. Andererseits, ist das Vor-sich-hinfrickeln für sich gesehen auch eine schöne Beschäftigung.
Dann lese ich viel und höre viele Radio/Podcasts und versuche Leuten zuzuhören. Klappt manchmal.
Nenne deine TOP-3 Websites mit einer kurzen Beschreibung
- HR2 der Tag – Podcast vom Hessischen Rundfunk, täglich ein Stunde, immer sehr fundiert und unterhaltsam zu einem Thema.
- Zero Punctuation – So ziemlich die lustigste Videospiele- Rezensionen der Welt.
- Perry Fellow Bibleship – Mit den Teilen habe ich mich fast mal ins Koma gelacht.
Auf welcher Veranstaltung trifft man dich als nächstes?
Toca me in München im März. Vielleicht Pictoplasma, aber das ist noch nicht sicher.
Formuliere eine für dich interessante Frage für einen der nächsten Interviewpartner auf kopfbunt:
Hmmm. »Interessant«. Sollte man alle Politiker und Ackermann gleichzeitig und ohne Helm in den Skiurlaub schicken und würde der Markt die dadurch entstehenden Probleme von selbst lösen? Belege deine Antwort mit 2 bis 17 Beispielen.
Falls jemand von euch Interesse hat auch an der Interviewserie teilzunehmen oder ihr jemanden kennt, der auf jeden Fall dabei sein sollte, dann kontaktiert mich gern oder hinterlasst einen Kommentar zu diesem Beitrag mit eurem Vorschlag.
Jochen Ewert (#)
22. März 2009, 14:34 Uhr
Die Schrottbot Illu ist total geil. Tolles Licht!
Antwort
Bericht von der FMX und ITFS 2009 | kopfbunt (#)
15. Mai 2009, 16:17 Uhr
[...] Alexander Gellner aka Gellnerism ist Animationsass und professioneller Illustrator. Schaut euch auf jeden Fall seine Arbeiten auf gellnerism.de an und jetzt viel Spaß auf der nachträglichen Kurzreise zur FMX und ITFS. [...]
Antwort