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Es beginnt mit einer Idee - kopfbunt

Freitag, 29. Januar 2010 um 10:36 Uhr

Kai Klinke in der kopfquetsche

Kai Klinke
Ich kenne Kai Klinke noch nicht persönlich, aber ich werde ihn, wenn alles klappt, demnächst auf einer Ausstellung von 72hgallery in Berlin kennenlernen. Ich fand das Ausstellungskonzept interessant und hab Kai daraufhin gleich mal gefragt, ob er sich nicht mal ausquetschen lassen möchte – Gesagt, getan!

Bitte stell dich kurz vor:

kai-klinke-portrait
Ich bin Kai Klinke, freier Producer und Regisseur aus Hamburg. Seit ca. 6 Jahren lebe ich in HH, dort bin ich aus der tiefsten westfälischen Provinz (Ibbenbüren) über Münster und Berlin gelandet.

Drei Schlagworte zu deiner Person:

  1. Fettnäpfchen
  2. Medienjunkie
  3. Forschungsreisender

Ein Ergebnis deines Schaffens und erzähl etwas dazu:

72hgallery-flyer
Ich habe im Oktober die 72hoursgallery gestartet. Also ein Projekt, das mit meiner eigentlichen Jobbeschreibung nicht wirklich viel zu tun hat. Künstler haben 36h Zeit um Kunst für eine Ausstellung zu produzieren und 36h um diese auszustellen. Was und wie sie ausstellen ist dabei völlig Ihnen überlassen. Die Gewinne aus den Veranstaltungen spenden wir an die Aktion Licht für die Welt), die Augenoperationen in der dritten Welt durchführen. Ich bin leider selbst mit einer schwereren Augenkrankheit geschlagen, deshalb ist das wohl mein Thema.

Entstanden ist die Idee im Krankenhaus, weil ich spätestens da dann endlich den Drang hatte, was Soziales zu machen. Nur den Organspendeausweis ins Portemonnaie zu stecken war mir da zu wenig, es sollte schon (zumindest ansatzweise) was eigenes sein. Und mit der Galerie können wir spenden und nebenbei uns selbst und Anderen eine gute Zeit bereiten.

Für mich ist das Ganze eine echt coole Erfahrung, vor allem persönlich und organisatorisch sowieso. Heute habe ich z.B. Dixie-Klos bestellt. Das macht man auch nicht alle Tage und das sind so die kleinen Sachen die einfach Spass machen.

72hgallery
So ists auch bisher bei allen die mitgearbeitet haben. Jeder hat absolute Freiheit in seinem Bereich, ich versuche nur das große Ganze unter Kontrolle zu halten. Bei der ersten Ausstellung waren die Kingdrips aus HH zu Gast und haben tierisch gerockt. Am Ende waren die ganz begeistert, was in so kurzer Zeit entstehen kann. Das war fast das schönste Lob und Feedback auf die ganze Sache. Von hier aus auf jeden Fall noch mal vielen Dank an euch Jungs. Lieber Leser, bitte kingdrips.com checken. Die Jungs sind dufte:@)

Darüber hinaus habe ich in der kurzen Zeit, die die Galerie läuft, mehr interessante Leute kennen gelernt als in den zwei Jahren zuvor.

72hgallery auf: FlickrTwitter

Bist du selbständig, Freelancer/in oder angestellt? – Warum?

Ich bin selbstständig. Entstanden ist das Ganze eigentlich mehr oder weniger von selbst. Mein damaliger Arbeitgeber konnte mich nicht übernehmen. Daraufhin habe ich mich selbstständig gemacht und bin seitdem frei unterwegs. Ehrlich gesagt hatte ich mir dadurch mehr Freizeit erhofft, aber in Wahrheit habe ich jetzt auch mehr oder weniger einen 9 to 5 Job, bin viel unterwegs und hocke zu oft, zu viel am Rechner. Was aber super ist, ist die Möglichkeit sich immer wieder Neuem zu stellen und nicht festgefahren in einer Agentur zu hocken und auf Abwechslung zu warten.

Wer oder was inspiriert und motiviert dich

fabatelier
Puuh, schwere Frage. Ich habe eine Menge toller Menschen um mich, die mir viel Input geben. Natürlich meine Freundin, die selbst Grafikerin ist und z.B. die komplette Gestaltung für die Galerie übernommen hat. Meine Freunde und Familie, ob sie aus der Branche kommen, oder nicht pumpen mir natürlich auch den Kopf voll.

Ich beobachte gerne und grüble dann so vor mich hin und manchmal sehe ich Sachen, oder Menschen und Ihr Verhalten und dann macht es auf einmal klick und ich bin komplett geflasht.

Letztens habe ich den Trainer von Fortuna Düsseldorf (Norber Meyer) vor einem Spiel gesehen und man konnte so sehr sehen, wie der für die Sache brennt. Sowas finde ich extrem beeindruckend und inspirierend.

Persönliche Erfolge und Rückschläge pushen und inspirieren natürlich auch ungemein, aber ich würde mir wünschen den Spirit der da manchmal bei mir entsteht, länger zu bewahren und nicht wieder der Freizeit-Lethargie anheim zu fallen.

Wenn dir die gesamte Designwelt fünf Minuten zuhören würde – was würdest du ihr erzählen?

Ich glaub im Moment ist (mal wieder) die Qualitätsdebatte bei allem was mit Medien und Design zu tun hat ein großes Ding.

Man kann zwar mittlerweile ne Menge rausballern, weil die Technik so viel neue Möglichkeiten schafft, aber das macht uns allen das Leben nicht unbedingt leichter. Vielleicht würde ich erzählen wie geil es sein kann sich für ein kleines Projekt viel, viel Zeit zu nehmen.
kai-klinke-vernissage

Was ist deine persönliche Definition von Design?

Letztens habe ich nen tollen Satz zum Thema Design gehört und zwar sinngemäß: Design ist wie Aspirin, rein ins Wasser, sprudeln lassen und dann ists auch schon wieder verschwunden und wenns gut läuft hilfts.

Das triffts ganz gut, finde ich. Design im kommerziellen Sinne sollte nie so sehr im Vordergrund stehen oder das Wesentliche überstrahlen. Design sollte helfen Dinge zu verstehen, intuitiv benutzbar zu machen und Emotionen wecken.

Kunst wiederum ist so sauschwer zu definieren, da habe ich ehrlich gesagt keine besondere. Da fehlt mir auch der theoretische Unterbau. Ich saß mal im “Rendevouz”, das ist so ein Karroussel auf dem Rummel. Ich war so acht, neun Jahre alt. Da flog das Ding mit mir so durch die Gegend und dann lief auf einmal “Verdammt ich lieb dich”. Und das war in dem Moment so geil, unglaublich. Da war ich kleiner Dötz, mit Kirmesgeld in der Tasche, Zuckerwatte im Bauch und in diesem geilen Fahrgeschäft mit dem Song überhaupt (damals!!!). Ich glaub das ist meine erste richtige Erinnerung an einen perfekten Moment. Vielleicht ist das Kunst …

Was stört dich am Design?

72hgallery-vernissage-9
Ich hasse aufdringliche und rücksichtslose Menschen und so sollte Design auch nicht sein. D.h. wenn ich im Kino sitze und der Typ neben mir laut labert bin ich genauso genervt, wie wenn ich eine toll designte Kaffekanne benutze und mir beim ausgießen den Schoss verbrenne. Design sollte sich immer in den Dienst der Sache stellen, ob das nun Produkte oder Informationen sind.

Kunst wiederum kann machen was sie will. Da möchte ich begeistert und gefordert werden. Da möchte ich lieber das Gefühl haben, dass ich nicht verstehe was mir der Künstler sagen möchte, als dass ich gleich erkenne wo die Intention liegt. Wenn ich ne Ausstellung kuratiere, find ichs geil wenn die Reaktionen wirklich extrem sind. D.h. die Leute sollen Sachen auch mal scheisse finden, oder sich verarscht fühlen, solange sie zum Nachdenken angeregt werden.

Das muss Kunst leisten. Design nicht.

Du wirst auf Zeitreise in die Vergangenheit geschickt und darfst nur eine A4 Seite (Foto, Gestaltung, Design, Zeitung – egal) aus unserer Zeit mitnehmen. Was zeigst Du unseren Vorfahren?

Die Startseite von Bild.de. Dann wissen die wenigstens, dass sich nicht allzu viel verändern wird.

Welche Rolle spielt Design deiner Meinung nach in dieser Welt?

72hgallery-vernissage
Motor. Ich denke gestalten ist einfach das, wozu der Mensch auf der Welt ist. Also machen, machen, machen. Man muss immer weiter durchbrechen.

Was für Musik hörst Du gerade wirklich oft?

Ähm…das ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber im Moment stehe ich total auf Kollegah, den ersten deutschen Zuhälterrapper. Das ist einfach großes Entertainment und auf keinen Fall ernstzunehmen.

Ich liebe den Rap der frühen Neunziger, definitiv die Musik die mich und meine Jugend am meisten geprägt hat.

Im Moment: Queen, Codes in the Clouds, Matias Aguayo, Editors, Young Marble Giants, The XX, A Flock of Seagulls und immer The Streets und Ennio Morricone.

Teilst du dein Wissen gern mit anderen Menschen?

Ja, definitiv. Das ist ein großer Spass, vor allem weil man aus meiner Erfahrung immer etwas dafür zurück bekommt.

screen-72hGallery

Was machst du um dich fortzubilden?

Bisher hauptsächlich Learning by doing. Immer mal wieder ins kalte Wasser springen, und zusehen das die Eier nicht vor Schreck zur Haselnuss werden. Nee, Quatsch…Ich hätte gerne so eine lockere Bürogemeinschaft, in der man mit vielen Leuten in Kontakt kommt, sich gegenseitig befruchtet und Projekte durchzieht. Das wäre die tollste Art von Fortbildung (und auch nicht so teuer wie irgendwelche Coachings:@)

Nenne deine TOP-3 Websites mit einer kurzen Beschreibung

  • The superficial/I watch stuff/geekologie –> eigentlich ja drei, aber ein Betreiber und immer News über Celebs, Kino und Gadgets, also alles was man nicht braucht, aber den Tag versüßt.
  • IMDB –> genial von Amazon. Weiß nicht wieviel Kohle ich schon bei denen gelassen habe, nachdem ich mich durch die IMDB gekämpft habe.
  • ThisWasteland –> Blog von Fabian Sax. Auch DAVE ist sehr nett. Früher war ich großer Fan von shesaiddestroy.org und sein neues Blog ist nicht ganz so krude und konfrontativ, aber das einer der in dieser Position bei JvM sitzt und so ein Blog betreibt ist allein schon nett. Social Media und Blogs sind mir meist eh etwas zu angestrengt brav und da ist das wirklich eine angenehme Ausnahme.

Auf welcher Veranstaltung trifft man dich als nächstes?

Plakat-Ausstellung
Auf der 72hoursgallery vs. 44flavours in Berlin. Am 06.02.2010 gehts in der Reinhardtstr. 7 tierisch ab und wer nicht kommt verpasst evtl. wat janz, janz großet. Wers nicht glaubt, der checkt 44flavours.com oder 72hoursgallery.com.

Formuliere eine für dich interessante Frage für einen der nächsten Interviewpartner auf kopfbunt:

Wünscht Du Dir in schwachen Momenten auch manchmal, lieber etwas Ordentliches gelernt zu haben?

Das Interview ist Bestandteil der Interviewserie »Kopfquetsche«. Die Interviewreihe gibt Einblicke in das Leben und Denken von kreativen Menschen aus den Bereichen Design, Illustration, Fotografie, Kunst und Musik.

Falls jemand von euch Interesse hat auch an der Interviewserie teilzunehmen oder ihr jemanden kennt, der auf jeden Fall dabei sein sollte, dann kontaktiert mich gern oder hinterlasst einen Kommentar zu diesem Beitrag mit eurem Vorschlag.

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5 Kommentare zu “Kai Klinke in der kopfquetsche”


  1. Markus (#)

    Wow, ich bin beeindruckt! Ich “kenne” Kai ebenfalls nur von ein paar Tweets, die zwischen uns hin und hergehen. Aber ein sympathischer Typ.
    Die Anekdoten zur Hilfe der Beschreibungen sind ganz groß. Und die Design-Definition mit dem Vergleich zur Aspirin haut mich um. Der, der das gesagt hat, hats drauf! Leider kann ich am 6. nicht nach Berlin kommen, und die 1. Ausstellung hier in HH habe ich auch schon verpasst, damn it! Aber hoffentlich schaffe ich es zur 3. 72hoursgallery.

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  2. Malte Christensen (#)

    Ich merke auch immer mehr, dass mich die Antworten von Leuten viel mehr interessieren, die Design nicht unbedingt aus eigener Hand entstehen lassen. Ich finde es spannend was sich mittlerweile an Antworten angesammelt hat in der Interview-Kategorie kopfquetsche. Das Interview mit Kai gefällt mir auch sehr gut, ebenso wie die Design-Metapher mit der Aspirin. Ich freue mich schon auf die Ausstellung.

    Ich freue mich grad die Interviewreihe überhaupt gestartet zu haben – YeAH!

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  3. Ben (#)

    Sympathischer Kreativer. Gefällt mir.

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  4. Lutz (#)

    Ja mann!
    Berlin wird ne Wucht, das steht fest.

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  5. Christine Seitz (#)

    Bin die “Patentante” und so stolz auf Kai.:-)
    Lebe deine Träume……!Geh weiter drauf los.
    “Mach dein Ding egal was die andern labern,….”
    Tine

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