Markus Reuter in der kopfquetsche
Markus Reuter ist sicher allen Stammlesern vom Stylespion oder von kopfbunt ein Begriff. Einer der fleißigsten Kommentatoren hier auf kopfbunt und ein begeisterter Designtheoretiker und Blogger. Ich habe Markus auf dem DesignCamp in Köln kennengelernt und mit ihm auch das UXcamp in Berlin besucht. Markus hat interessante Sichtweisen in Bezug auf Blogs und versorgt mich regelmäßig mit interessanten Links zum Thema Design – ROCKon!
Bitte stell dich kurz vor:
Hallo Malte, hallo Leser/in, mein Name ist Markus und ich komme ursprünglich aus Düsseldorf. Nach den Stationen Regensburg und New York wohne und studiere ich in Hamburg. Ich bin Student für Erziehungswissenschaft und konzentriere mich dabei auf das Lernen/Lehren mit “neuen Medien”. Besonders interessant sind für mich die Schnittstellen zwischen Virtualität und Realität und der Umgang mit den Massen an Informationen, die uns das Internet ermöglicht.
Meine Leidenschaft ist das Design, egal ob es dabei um Möbel, Webseiten, Musikvideos, Informationen, oder um interessante Agenturen geht. Deswegen schreibe ich auf meinem Weblog Better Taste Than Sorry auch über Dinge, die mich beeindrucken und über die ich meine Meinung teilen möchte. Und um wieder den Bogen zu meinem Studiengang zu spannen: Ich bin der Ansicht, dass Design uns ermöglichen kann wesentliche Informationen von unwesentliche zu unterscheiden. Design kann uns helfen uns in einer Welt von unendlichen neuen Eindrücken zurecht zu finden. Ach ja, und ich gestalte/handwerke gern meine eigenen Möbelstücke.
Drei Schlagworte zu deiner Person:
- Begeisterung
- Ideen
- Austausch
Ein Ergebnis deines Schaffens und erzähl etwas dazu:
Ich habe mich dieses Jahr an der Kunsthochschule Helsinki für einen Master in “ePedagogy Design – Visual Knowledge Building” beworben (parallel zu meinem Diplom). Dabei geht es grob gesagt um das Lernen/Lehren mit neuen Medien, natürlich mit dem Fokus auf Design. Für diese Bewerbung hatte ich die Idee so etwas wie eine “Corporate Identity” zu schaffen, die sich durch die gesamte Bewerbung hindurchzieht. Ich wollte die Schnittstelle zwischen Virtuellem und Realem verdeutlichen und visuell darstellen. Dafür habe ich in meiner Mappe, nach meinem Anschreiben und meinem Lebenslauf, zunächst meine Bewerbung erläutert. Dies war nicht nur notwendig, sondern wurde somit auch gleichzeitig eine Beispielarbeit meines Portfolios.
Unter anderem verweise ich innerhalb der Bewerbung auf andere Arbeiten oder Aussagen und diese werden mit Hilfe von Links verdeutlicht und ich habe Titel/Überschriften in Form von eckigen Sprechblasen gestaltet (noch bevor Sprechblasen überall aufgetaucht sind, hehe). Die Bewerbung sollte digital und analog abgegeben werden. Und somit habe ich die Seite markus-reuter.com ins Leben gerufen und dort ganz simpel meine Bewerbung eingebettet. Für professionelle Designer ist die Gestaltung wahrscheinlich nichts besonderes, aber darum ging es mir auch nicht. Hier ging die Funktionalität, der Sinn und Zweck, stets vor und das Aussehen musste etwas zurückstehen. Ich bin schließlich auch kein ausgebildeter Designer, sondern Student der Erziehungswissenschaft.
Bist du selbständig, Freelancer/in oder angestellt? – Warum?
Wie oben schon genannt, bin ich noch Student. Ich arbeite neben meinem Studium bei Warner-Chappell, bei einem großen Musikverlag im Copyright-Management. Und parallel dazu arbeite ich noch als studentische Aushilfe an der Universität, bei einem Großprojekt namens ePUSH, bei dem es darum geht die Informations- und Kommunikationstechnologien für den Bildungsbereich an unserer Fakultät aktiv mit zu gestalten. Was mir die Zukunft bringt, ob selbstständig oder angestellt, werde ich noch sehen. Erstmal mein Diplom und den Master absolvieren, dann geht es weiter.
Wer oder was inspiriert und motiviert dich?
Puh, die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Eigentlich kann mich Alles inspirieren, es gibt da kaum Grenzen. Es kann ein Werbespot im Fernsehen sein, ein Artikel in einer Zeitschrift oder (wie meistens) etwas, was ich auf der Straße sehe. In meinem Jahr in New York 2005/06 wurde ich so sehr inspiriert, dass ich die verschiedensten Eindrücke festhalten wollte und habe angefangen sie in meinem Moleskine festzuhalten. Leider habe ich damals noch keinen Weblog geführt, das wäre sicherlich interessanter gewesen. Aber im Grunde kann ich sagen, dass mich “Dinge” inspirieren, wenn ich sehe, dass “diese Dinge” mit Überlegung erzeugt wurden. Ich mag es, wenn sich jemand bei der Gestaltung, Produktion “eines Dings” Gedanken macht und über Grenzen hinausdenkt. Ich stehe auf verspielte Dinge mit klarem, schnörkellosen Design. Die Motivation kommt ganz von allein aus der Begeisterung heraus.
Wenn dir die gesamte Designwelt fünf Minuten zuhören würde – was würdest du ihr erzählen?
Ich würde mich der Phrase “Weniger ist mehr” widmen. Ich sehe zur Zeit viele verspielte Dinge, die von der Idee her nicht schlecht sind aber meistens über das Ziel hinaus schießen. Eine andere Phrase beschreibt es sehr gut “Mehr Schein als Sein”. Ich würde mich dafür einsetzen, dass sich Design wieder auf das Wesentliche konzentrieren sollte. Design ist keine Modeerscheinung, es ist ein Werkzeug, dass dazu dient das Leben zu vereinfachen und zu verschönen aber mehr dazu in der nächsten Frage.
Was ist deine persönliche Definition von Design?
Wie in der letzten Antwort beschrieben, ist Design für mich das, was das Leben aus der tristen Art und Weise herausholt und somit Dinge attraktiv, nützlich und sinnvoll macht. Es geht um mehr Aspekte als nur die Ästhetik. Für mich ist Design, das Zusammenspiel von Ästhetik und der Nutzbarkeit. Ein unbequemer Stuhl kann so schön sein wie er will, ich werde ihn mir nicht in die Wohnung stellen. Das gilt genauso umgekehrt, der bequemste Stuhl kommt mir nicht ins Haus, wenn er hässlich ist. Für mich ist erfolgreiches Design etwas, was ich lange betrachten kann und es immer noch für schön empfinde. Es muss einen Mehrwert haben, d.h. es muss entweder etwas vereinfachen, etwas angenehmer machen oder eine Lösung für ein bestehendes Problem liefern. Wenn Design, dann auch noch über das Zusammenspiel von Ästhetik und Nutzbarkeit hinausgeht und nachhaltig und bezahlbar ist, dann bin ich begeistert.
Was stört dich am Design?
Nun ja, meiner Meinung nach hat Design in den letzten Jahren seinen wahren Wert sehr verloren. Mittlerweile bezeichnet sich jeder, der ein paar Pixel hin und her schiebt, als Designer. Das heißt nicht, dass ich damit jedem Webdesigner seinen Titel aberkennen möchte. Ganz und gar nicht, Webdesign sehe ich als hochkomplizierte Disziplin an. Aber gerade das Web2.0 hat extrem viele Laien hervorgerufen, die sich ebenfalls als Designer ansehen. Oder jeder, der ein Nachttisch zusammenschraubt, ist jetzt Möbel- oder besser noch Interior-Designer. Design ist mehr als die Gestaltung von ein paar Dingen. Hinter Design steht eine komplexe Theorie. Eine Seite mit der sich die Wenigsten befassen. Um das klar zu stellen, ich bezeichne mich selbst nicht als Designer, und würde es nie tun. Ich befasse mich nur gern mit dem Themengebiet. Ich bin leidenschaftlicher Laie.
Welche Rolle spielt Design deiner Meinung nach in der Welt?
Hmm..nun ja, Design verschönert, vereinfacht und macht unsere Welt interessant. Design ist nicht Alles. Aber Design gibt unserer Welt einen schönen Rahmen. Dennoch bin ich der Meinung, dass Design oft dort überschätzt wird, wo es nicht so wichtig ist. Und meist wird Design dort unterschätzt, wo es wirklich viele Dinge bewegen könnte.
Teilst du dein Wissen gern mit anderen Menschen?
Natürlich, gerade das ist für mich Sinn und Zweck des ganzen Social Media Krams und deswegen mache ich auch bei dem Zeug wie Twitter, Bloggen, Social Bookmarking mit. Es geht mir um den Austausch, das Geben und Nehmen. Ich teile gern mein Wissen, meine Meinung, mein Interesse. Das tolle am Web2.0 ist ja, dass man das Gleiche auch wieder zurückbekommt. Es geht um mehr als Inspiration zu sammeln. Ich habe dieses Zitat schon oft verwendet aber nichts trifft es passender als die Aussage von Georg Bernard Shaw:
“If you have an apple and I have an apple and we exchange these apples then you and I will still each have one apple. But if you have an idea and I have an idea and we exchange these ideas, then each of us will have two ideas.”
Das war auch die eigentliche Motivation weshalb Nils und ich uns überlegt haben, uns als Hamburger Blogger auch mal im “realen Leben” zu treffen. Woraus schließlich das Hamburger Netzwerk Störteblogger entstanden ist. Wir treffen uns ein Mal im Monat und tauschen Informationen, Erfahrungen, Meinungen rund um die Themen Bloggen, Web2.0 oder Internet Allgemein. Meist schweifen wir selbstverständlich auch aus und besprechen andere Themen.
Was für Musik hörst Du gerade wirklich oft?
Zur Zeit läuft bei mir Bon Iver rauf und runter. Ich bin über Kai (stylespion.de) auf ihn gestoßen und freu mich tierisch ihn beim Haldern Pop Festival Live und Open Air erleben zu können. Aber um mal ein Bisschen Tempo ins Leben zu bringen ist das schwedische Duo Johnossi mein Geheimrezept.
Was machst du um dich fortzubilden?
Ich lese gern über verschiedensten Dinge. Um hier ein Buchtipp mit einzubringen, würde ich gern “Designing Universal Knowledge” von Gerline Schulter empfehlen. Aber gerade der Austausch mit anderen Leuten bringt mir sehr viel. Für mich ist deshalb die Idee des Barcamps ans Herz gewachsen. Eine Veranstaltung, bei der man sich die verschiedensten Themenbereiche präsentiert. Aber abgesehen vom eigentlichen Camp sind die Gespräche mit den anderen Teilnehmern gerade das Interessante bei diesen Veranstaltungen. Nicht zuletzt, weil sich dort auch die Leute treffen, die sich über das Netz schon “kennen”. Dort habe ich dich/Malte ja auch erst wirklich kennen gelernt.
Nenne deine TOP-3 Websites mit einer kurzen Beschreibung
- designkritik.dk – Eine super Idee, um einen kritischeren Umgang und vorallem eine Diskussionplattform für Design zu schaffen.
- the Hot Strudel – ein Blog, der sich fernab von allem Mainstream um die Themen Informationsarchitektur, User Experience und Usability dreht.
- Fuck You Very Much – da schau ich täglich mal rein, weil es extrem unterhaltsam ist!
Auf welcher Veranstaltung trifft man dich als nächstes?
Ich denke, als nächstes werde ich auf dem Subvision Kunst Festival zu treffen sein. Ich weiß noch nicht wann ich es mir anschaue, aber ich freu mich schon tierisch drauf. Und natürlich bin ich am 15. September beim nächsten Störteblogger Treffen.
Formuliere eine für dich interessante Frage für einen der nächsten Interviewpartner auf kopfbunt:
Was machst Du, um dir eine Auszeit vom Gestalten, Basteln, Kreieren, etc. zu gönnen?
Falls jemand von euch Interesse hat auch an der Interviewserie teilzunehmen oder ihr jemanden kennt, der auf jeden Fall dabei sein sollte, dann kontaktiert mich gern oder hinterlasst einen Kommentar zu diesem Beitrag mit eurem Vorschlag.
Kai Müller (#)
25. August 2009, 09:42 Uhr
Ha, der Herr Roitsch! Sehr interessant zu lesen, du kannst schonmal ein Gästebett in Helsinki aufbauen, da ich da früher oder später mal wieder vorbeikommen werde ;)
Antwort
Philipp (#)
25. August 2009, 11:31 Uhr
Endlich mal mehr wissen über Markus.
Interview hat mir sehr gut gefallen. Kennen uns mehr oder weniger seit Stunde Null unsere Blogs, bisher allerdings nur aus dem Netz.
Antwort
Ben (#)
25. August 2009, 17:05 Uhr
yeah! Interessantes Interview, interessanter Markus ;-)
Antwort
Markus (#)
25. August 2009, 22:30 Uhr
Erstmal vielen Dank Malte, dass ich auch die Chance hatte mich der Kopfquetsche zu stellen.
Und auch danke an Kai, Philipp und Ben für die netten Worte. Vielleicht sieht man sich in naher Zukunft ja auch mal ausserhalb des Web!
Antwort
Malte Christensen (#)
25. August 2009, 23:50 Uhr
@Markus: Dafür brauchst du dich nicht bedanken, ich glaube du hast in den Kommentaren bisher mehr geschrieben als ich in den Beiträgen :D … ich hab zu danken. Und Treffen tun wir uns sicher mal auf einem Störteblogger-Treffen.
Antwort
Nils (#)
26. August 2009, 10:48 Uhr
@ Malte: Bald hast Du wirklich alle meine Lieblings Web 2.0 Fuzzis einmal durchgequetscht…vielen Dank dafür …
@ Roitsch: soweit sind wir bei underen echtzeit treffen bislang noch nicht gekommen,
sehr viele spannende Ansätze über die wir uns bald bei einem kalt Getränk unterhalten sollten.
Antwort